Während 1998 rund 710 Nordische Folkeboote in Deutschland beheimatet waren, sind es heute knapp 1100; in Skandinavien segeln rund 4.500 dieser kleinen Allround-Yachten sowohl als Holz- als auch als Kunststoffversion. Zwischen den einzelnen Flotten in Europa besteht ein reger internationaler Austausch, sowohl an Ideen als auch durch die gegenseitigen Besuche mit und ohne Boot. Folkebootsegeln ist ein Stück aktiver Völkerverständigung. Die Teilnahme europäischer Mannschaften am Kampf um den San Francisco International Cup in den USA ist ebenso selbstverständlich wie das Mitsegeln von Bodenseeseglern an der Frühjahrswettfahrt in Eckernförde auf den dort stationierten Booten. Deutsche Segler nehmen als herzlich willkommene Gäste an Folkeboot-Regatten in Irland ebenso wie an Wettfahrten in allen anderen Ländern teil. Folkebootsegler verstehen sich über die Landesgrenzen und Kontinente hinweg als große internationale Familie. Das einzige, was möglicherweise die Eigner kurzfristig entzweit hatte, war die heftig geführte Diskussion um die Zukunft der Holzmasten. Um allen Booten die gleichen Chancen zu geben, hatte man sich bereits 1975 für den rund 40 kg wiegenden, gut trimmbaren Holzmast und damit gegen den Alumast auf dem Klassen-Folkeboot ausgesprochen. Die mit Leidenschaft vorgetragenen Argumente beider Seiten reichten hierbei von pflegeleicht (Alumast) bis besser trimmbar (Holz). Allerdings konnte und wollte sich die Klasse auch nicht dem Trend der Zeit widersetzen. Seit 2009 ist der Alumast auch in Regatten offiziell zugelassen, wobei, um die Chancengleichheit zu wahren, der Aluminiummast von den wenigen lizenzierten Mastenbauern auf das gleiche Gewicht wie ein Holzmast gebracht werden muss. Ob er damit bereits den größten Teil seiner vermeintlichen Vorteile eingebüßt, bleibt im Ergebnis weiterhin offen. 'Schneller' jedenfalls scheint er nicht zu sein. Auf alle Fälle aber zeigt diese lang anhaltende Geburtswehe für den Alumast, wie bewusst die Folgebootsegler mit den strengen Regeln der Klassenvorschriften ihrer Boote umgehen. Und genau das ist auch das Geheimnis, weshalb dieses Boot mit seinen klassischen Linien nach wie vor so beliebt ist. Die Aufsicht über das Einhalten der Regeln bedeutet nämlich, dass die Boote einen hohen Wiederverkaufswert erzielen, weil man sich darauf verlassen kann, dass die Boote auch über die vielen Jahre hinweg vergleichbar bleiben und sich nicht aufgrund von Freigaben von moderneren Materialien und/oder Bauverfahren auseinander entwickeln. Die nationalen Klassenorganisationen gemeinsam mit der 1994 in Hamburg gegründeten internationalen Klassenvereinigung - der NFIA - als Dachorganisation haben darauf ein strenges Auge. Und dazu trägt auch bei, dass nur wenige Werften lizenziert sind, Nordische Folkeboote aus Kunststoff zu bauen und alle Boote - egal ob aus Holz oder aus Kunststoff - durch einen strengen Vermessungsprozess von unabhängigen Vermessern gehen müssen. Übrigens, der nächste Punkt für eine Änderung der Klassenvorschriften wird bereits ausgiebig diskutiert: die Freigabe des Gebrauchs von modernen GPS-Geräten während einer Regatta. In Deutschland nahm die Verbreitung des Nordischen Folkeboots nach der politischen Wende und dem Mauerfall eine besondere Stellung ein. Gab es auch zu "DDR"-Zeiten bereits Folkeboote in den jetzt neuen Bundesländern, so wollte man sie jetzt in der großen bundesdeutschen Folkeboot-Familie zusammen zu führen. Die Segler an den Küsten von Mecklenburg und Vorpommern gründeten ihre eigene Flotte innerhalb der Deutschen Folkebootvereinigung und bildeten fortan den Schwerpunkt auf dem Fahrtensegeln. Die 'neuen' Gewässer eignen sich aber auch hervorragend zum Regattasegeln; so wurden Deutsche Meisterschaften auf dem Berliner Müggelsee, dem Schweriner See und auch vor Rostock/Warnemünde ausgesegelt. Berlin beheimatet mit etwa 180 Booten die größte Folkebootflotte der Welt. Mit viel Prominenz, verlockendem Buffet und heißer Dixieland-Musik feierte man hier 1992 im Seglerverein Stößensee den 50. Geburtstag des Folkeboots. Zum runden Jubiläum war jedoch nicht nur in Berlin der Folke-Bär los. Die Göteborg Kongelig Seglar Selskab wie die Schwedische Folkebootvereinigung luden nach Marstrand, dem schwedischen Mekka des Segelsports ein. Neben Festumzügen fand hier die Internationale Folkeboot-Meisterschaft statt. Es nahmen hieran Boote jeglicher Altersstufe teil. Die Regattaergebnisse bewiesen, dass die betagten Veteranen der Klassengründungsjahre mit den jüngeren GFK-Booten durchaus gleichziehen konnten. Das älteste teilnehmende Boot, die F4, stammte aus dem Geburtsjahr der Klasse. Für die Segler, unter ihnen auch Crews aus San Francisco, hatte man eigens die Festung von Marstrand geöffnet. Tord Sunden, der das Boot 1942 nach Angaben des Komitees gezeichnet hatte, stand im Mittelpunkt des großen Festes und nahm gerührt die Ovationen der Segler entgegen. |
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